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Konzerte |  11.04.08 |  10:40  Uhr

Das Rehkitz
 

von kanelbulle | Mönchengladbach
Brahms’ Wiegenlied auf Hebräisch – Esther Ofarim

Ich mochte ihre Stimme schon immer. Zusammen mit ihrem damaligen Ehemann Abi (Abraham Reichstadt) bildete sie das Gesangsduo der 60er Jahre. Hits wie „Cinderella Rockefella“, „Sing Hallelujah“, „Noch einen Tanz“ und „Morning of my life“ machten sie weltberühmt.

Abi arrangierte die Songs, begleitete seine Frau auf der Gitarre, brummte die Lieder mit und hielt sich im Hintergrund.
Nach einer privaten Krise trennten sie sich 1969 auch beruflich und nach Esthers anschließender Solo-Karriere war es lange Zeit es still um die Ofarim (zu deutsch „Rehkitz“).

Umso mehr freute es mich zu lesen, dass sie zurzeit wieder auftritt, die Frau, die sich so lange rar gemacht hat auf deutschen Bühnen.
Letzten Montag präsentierte sie ein Comeback der besonderen Art in der Philharmonie Essen.

Und ich war dabei.

Es war nicht das große Publikum, das sich da erwartungsvoll versammelte, um eine Stunde und 20 Minuten die Faszination zu erleben, die immer wieder von dieser Künstlerin ausgeht. Es waren eher die seriösen unspektakulären Mittfünfziger, die in alten Erinnerungen schwelgten.

Die Bühne des nicht einmal halb besetzten Alfried-Krupp-Saales ist mit einem riesengroßen runden flauschigen Teppich ausgestattet. Klavier, Violine und Bass stehen bereit.
Als erster tritt Yoni Rechter vors Publikum, mit ihm arbeitet Esther Ofarim seit 1977 zusammen. Er setzt sich ans Klavier und beginnt zu spielen.
Dann betritt sie die Bühne, die zierliche Person, ganz in schwarz gekleidet, und tritt ans Mikrofon. „Every Night“ heißt das Lied, das sie nur mit Klavierbegleitung vorträgt. Beim zweiten Vortrag, „Dirty old town“ setzt natürlich schon am Beginn der Applaus ein und Michail Paweletz begleitet das Lied mit seiner Violine.

40 Jahre war sie schon nicht mehr in Essen, aber es gefällt ihr hier, sagt sie zwischendurch. Ihre Kommentare sind spärlich wie auch ihre Bewegungen. Nur ihre Arme bewegt sie manchmal und ihre Hände sprechen die Lieder mit. Ansonsten ist es die Stimme, die überzeugt. Reifer ist sie geworden, nicht nur die Frau, sondern auch die Stimme. Klar und sicher, mühelos geht sie durch jedes ihrer Lieder. Bei ihr muss man keine Angst haben, dass sie den Ton nicht trifft. Ab und zu lächelt sie und ihre braunen Augen flirten sanft mit dem Publikum.

Sie singt in verschiedenen Sprachen, „Jerusalem“ teilweise auf Hebräisch, ein Hirtenlied aus Galiläa und "Adio Querida", ein sephardisches Abschiedslied (Sephardisch oder auch Ladino bedeutet jüdisch-spanisch).

Mit dem September-Song, „Moon of Alabama“ und „Speak low“, bringt sie drei durchaus anhörbare Interpretationen der Kurt-Weill-Songs, wenngleich mir da doch ein wenig Verruchtheit besser gefallen würde.

Ein weiteres hebräisches Lied kündigt sie nun an, aber der Co-Sänger Yoni Rechter spielt bereits „Layla Layla“. Charmant berichtet sie dem Publikum, dass sie dieses Lied schon gesungen hat, als sie acht Jahre jung war.



Geboren 1941, steht sie nun im Alter von 66 Jahren auf dieser Bühne und wirkt immer noch scheu und mädchenhaft. Ihr feuerrotes Haar konkurriert mit dem Rot des Bühnenvorhangs.
Natürlich lässt das Publikum sie nicht so schnell gehen, nachdem sie u. a. noch „Somewhere over the rainbow“ präsentierte.

Als Zugabe gibt es natürlich noch „Morning of my life“, geschrieben von den Bee Gees (Barry Gibb), dann ein Stück aus dem Musical „Hair“ und zu guter Letzt das Brahmssche Wiegenlied, gesungen auf Deutsch, Hebräisch und Englisch.

Das Publikum dankt für die einfühlsamen Vorträge mit viel, viel Applaus und der Veranstalter mit einem bunten Rosenstrauß.

Eine kleine Kritik am Rande, der Eintrittspreis war recht hoch und ein Programmheft gab es leider nicht.
Trotzdem – ein lohnenswerter Abend mit einem gelungenen „Comeback der besonderen Art“. Ein anspruchsvolles, zeitloses Programm mit einer besonderen Frau, deren Karriere hoffentlich noch nicht so bald zu Ende ist.

Fotos:
wikipedia.de/Slartibartfass - Esther Ofarim 1966;

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www.esther-ofarim.de