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Badische Zeitung, 22.10.2007

Am Morgen ihres Lebens
Seit vier Jahren geht sie wieder auf Tournee: Die Sängerin Esther Ofarim trat in der Stadthalle Lahr auf

Sie ist 66, aber sie singt immer noch vom Morgen ihres Lebens. "Morning of my life" heißt das Lied, mit dem Esther Ofarim an der Seite ihres Mannes Abi ihren größten Erfolg hatte. 1967 war das, vor vierzig Jahren. Und da steht sie nun auf der Bühne der Lahrer Stadthalle und singt es, als läge nicht ein halbes Leben zwischen damals und heute. "It's only morning and you've still to live your day" - es ist gerade Morgen und du hast den ganzen Tag noch vor dir.
Dass das nicht merkwürdig wirkt, wie aufgesetzte Nostalgie womöglich, das liegt an Esther Ofarims Auftreten. Aus der dunkelhaarigen 26-jährigen von damals, dem schönen Mädchen, ist eine rothaarige Bühnenpersönlichkeit geworden, die mit auffallend geschminktem Mund und wenigen, genau gesetzten Gesten eine Sängerin verkörpert. Aber das Mädchen ist nicht hinter dieser Bühnenpersönlichkeit verschwunden. Es kommt immer wieder hervor, wenn Ofarim Zeilen singt wie "I only have eyes for you" oder Songs wie "Mad about the boy". Die fast noch kindliche Freude an der Liebe 
- in diesen Liedern hat Ofarim sie sich bewahrt.
Mit kleinem Ensemble ist die Sängerin unterwegs. 1998 erst hat sie eine lange Bühnenabwesenheit mit regelmäßigen Konzerten in ihrer Wahlheimat Hambrug beendet, seit vier Jahren geht sie wieder auf Tournee. Yoni Rechter, ein israelischer Pianist, ist ihr musikalischer Direktor. Seine Arrangements setzen der Vieolinist Michail Paweletz und der Kontrabassist Micha Kaplan in eine fein ausgewogene Begleitung um, stets im Dienst der Lieder. Für zwei Stücke lässt Ofarim die Musiker allein, prompt spielen sie ein dynamisches Jazzstück und einen männlich zupackenden Boogie, beide von Rechter. Ehe sie sich wieder zurücknehmen und Ofarim ein Mädchenlied schlechthin singt - Judy Garlands "Somewhere over the rainbow", 
dieses Lied vom Glück am Ende des Regenbogens.
Tragik oder gar Tod, wie sie in den Konzerten einer Juliette Gréco allgegenwärtig sind, haben bei Ofarim nur kurze Auftritte: in einem "sephardischen Abschiedslied", wie sie "Adio querida" ankündigt, oder in Leonard Cohens "Bird on a wire". Da lotet Ofarim in Tiefen ihrer natürlich älter gewordenen Stimme aus. Um dann wieder die mädchenhaften Höhen zu suchen: "She's leaving home", das Beatles-Lied, singt sie nicht aus der Perspektive der verlassenen Eltern, sondern aus der der gehenden Tochter. Und Yoni Rechters Arrangement lässt die Musik leicht und beschwingt wirken. Es gibt auch eine ganze Reihe von Liedern aus Rechters eigener Feder im Repertoire. Da kommt dann wieder eine Rolle Ofarims zum Tragen, die sie schon in den 60er Jahren spielte, in den Jahren ihrer großen Erfolge in Deutschland, als sie sowohl beim Schlagerpublikum wie bei der Beat-Generation ankam. Sie versöhnte nicht nur die Generationen, sondern auch Deutsche und Juden. Auf Hebräisch singt Ofarim heute kurz nach Beginn ihres Konzerts ein Lied, das von Jerusalem handelt und vom Frieden, den diese Stadt nicht findet. Sie bekommt dafür den ersten großen Applaus in der fast ausverkauften Lahrer Stadthalle.
Genauso freundlich werden die anderen Lieder in der Sprache Israels aufgenommen. Eines, so übersetzt Ofarim, sagt: Gib mir deine Hand, damit ich keine Angst habe auf dem Weg. Und jeder im Saal würde sie ihr reichen. Dass sie zum Schluss, als dritte Zugabe, als Abschiedslied noch "Guten Abend, gute Nacht" singt, erst auf Deutsch, dann auf Hebräisch und schließlich auf Englisch, das schließt den Kreis. 
Am Morgen, wenn Gott will, wirst du wieder wach - und der Tag und das Leben liegen wieder vor dir.

Thomas Steiner, Badische Zeitung, 22.10.07

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www.esther-ofarim.de