90 Minuten zwischen Pop
und Pathos
Ein Abend mit Esther Ofa-rim ist kurz, aber intensiv. Die
Sängerin brauchte nur 90 Minuten, um im Konzerthaus zu begeistern.
Verglichen mit ihrem Auftritt 2004 hat sich eigentlich nicht viel geändert.
Die Setlist war mit einer Mischung aus israelischen Folksongs,
Klassikern der Popgeschichte und jazzigen Balladen weitestgehend unverändert,
sie bekam minutenlangen Applaus und ungezählte Blumensträuße, und die
Fans im ausverkauften Konzertsaal gingen anschließend beseelt nach
Hause. Auch die Bewegungen von ihr und ihrer Begleitband waren
verhalten, nichts sollte von der Stimme ablenken. Und die hatte es in
sich. Sie wechselte spielerisch die Stimmlagen und verlieh den einzelnen
Songs dabei einen unvergleichlichen Charakter.
Trotzdem: einige Songs passten nicht zur zierlichen Israelin. Dass sie
sich bei dem von Bert Brecht getexteten und von Kurt Weill musikalisch
in Szene gesetzten "Alabama Song" auf die Suche nach einer
Whisky-Bar macht, erschien auch durch die glockenhelle Stimme
deplaziert. Eine rauchigere Kehle würde dies glaubhafter rüberbringen.
Andere Songs hingegen wirkten wie auf ihren Leib geschnitten. Ofarims
Version des Beatles-Klassikers "She Žs leaving home" mit
Pianist Yoni Rechter als John Lennon-Ersatz war grandios und bei ihrer
Interpretation von Judy Garlands "Over the rainbow" fühlte
man sich dem Lande Oz wirklich sehr nahe.
Insgesamt war es ein Abend mit viel Pathos. Schade nur, dass ihre
Begleitband bis auf den Pianisten zu sehr im Hin-tergrund wirkte.
Bis auf eine kleine Pause von zwei Liedern im Mittelteil konnten sie nie
so recht zeigen, was in ihnen steckt. Die Fans waren dennoch sehr
zufrieden.
19.11.2006 Von Sven Schneider
taken from westfaelische-rundschau.de
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