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Die Sängerin bezauberte als Stargast beim Jubiläumskonzert »110 Jahre jüdischer Nationalfonds« im Stadttheater.
Esther Ofarim hat beides: Persönlichkeit und Stimme.
Manchmal ist etwas Kleines etwas ganz Großes.
Und manchmal genügt schon eine knappe halbe Stunde Gesang, damit ein
Konzertabend zu einem unvergesslichen Erlebnis wird. Das können alle bestätigen,
die am Mittwochabend im Stadttheater den Auftritt von Esther Ofarim
miterlebten. Die legendäre Sängerin gab dort zum 110-jährigen Bestehen des
jüdischen Nationalfonds eine kleine Kostprobe aus ihrem aktuellen Programm »I'll
see you in my dreams«.
Zuvor allerdings traten die beiden Chöre FaMiLa aus Tel Aviv und Kochav Ya'ir
auf. Und auch diverse Grußworte wurden gehalten, sodass der Auftritt Ofarims
erst deutlich nach 21 Uhr begann. Doch das durch die stimmungsvollen Auftritte
der beiden Chöre versüßte Warten hatte sich gelohnt. Ofarim, die mit ihrem
weißen Mantelkleid und den feuerroten Haaren auf der schwarzen Bühne
zerbrechlich und zart wirkte, verzauberte ihr Publikum von der ersten Note an.
Von Yoni Rechter, der in seinem Heimatland Israel als Musiker, Komponist und
Arrangeur selbst Starstatus hat, am Flügel begleitet, sang sie auf Hebräisch,
Deutsch und Englisch. »Yesterday« von den Beatles, Erich Ferstls »Kinderspiele«
nach einem Text von Heinrich Heine oder »She's lea-ving home« aus der Feder
von John Lennon und Paul McCartney interpretierte sie mit ihrer
unverwechselbaren Stimme. Den Kopf leicht schief gelegt und mit scheuem
Augenaufschlag trug sie ihre Lieder vor. Da durfte natürlich auch nicht das
bekannte »Hallelujah« fehlen, mit dem
Israel 1979 den Grand Prix de la Chanson gewonnen hatte.
Nach einer knappen halben Stunde sollte dann schon wieder alles vorbei sein,
doch das begeisterte Publikum wollte Esther Ofarim nicht einfach so ziehen
lassen. Das Frühlingslied »Leise zieht durch mein Gemüt«, ein
sephardisches Abschiedslied und »Guten Abend, gute Nacht« auf Deutsch, Hebräisch
und Englisch machten dann aber als Zugaben klar, dass man mehr an diesem Abend
von Ofarim nicht mehr hören würde. Schade, aber dennoch »Toda raba« (»Vielen
Dank«) für diesen bemerkenswert schönen Auftritt.
Mit israelischem und internationalem Liedgut hatten zuvor die beiden Chöre
FaMiLa unter der energischen Leitung von Ahuva Vyments und der Chor Kochav
Ya'ir (Leitung: Barak Oded) den Großteil des Abends bestritten. Während auf
einer die Bühnenrückseite füllenden Leinwand Luftbildfilmaufnahmen von
Israel Fernweh weckten, erklangen Melodien von großer Schönheit. Ein Medley
rund um das Thema Frieden, Gospels und natürlich der Grand-Prix-Hit »Hallelujah«
machten den Auftritt von Kochav Ya'ir zum Erlebnis. Auch wenn die einzelnen
Stimmen nicht perfekt waren - im Zusammenklang sind sie von besonderer,
warmherziger Strahlkraft. Perfektionistischer wirkten die Sängerinnen und Sänger
von FaMiLa, die sich der europäischen und israelischen Musik verschrieben
haben. Ihr »Italian Salad« von Richard Genee etwa, in dem der Chor mit
Solotenor Daniel Dadoun Vortragsanweisungen wie »piano«, »fortissimo« oder
»pizzicato« zur unterhaltsamen Opernparodie verband, kam beim Publikum
bestens an.
Natürlich durften Grußworte bei diesem Jubiläumskonzert, das Gerd Buurmann
launig moderierte, nicht fehlen. Der deutsche Botschafter in Israel, Harald
Kindermann (der im Übrigen in Gießen in den Siebziger-Jahren als
wissenschaftlicher Assistent am Rechtinstitut der JLU tätig war), und Israels
Gesandter in Berlin, Emmanuel Nahshon, betonten die heute verlässliche
Freundschaft zwischen Deutschen und Israelis und das wichtige Umweltengagement
des jüdischen Nationalfonds, dessen Geschichte und Aufgaben Präsidiumsmitglied
Amnon Orbach kurz vorstellte. Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz als
Schirmherrin des Abends erinnerte daran, dass das auch mithilfe jüdischer
Mitbürger wie Siegmund Heichelheim 1907 errichtete Stadttheater als
Veranstaltungsort für dieses besondere Konzert wie geschaffen sei. Karola
Schepp
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