Von Jiddisch bis Pop: Esther Ofarim meldet sich zurück

Stimme voller Poesie

I n den sechziger Jahren war Esther Ofarim ein Weltstar; mit ihrem damaligen Ehemann Abi eroberte sie die Hitlisten von Israel bis Amerika. Seit 1970 tritt sie nur noch selten an die Öffentlichkeit. Eines dieser seltenen Glanzlichter setzte sie im vergangenen Sommer in den Hamburger Kammerspielen. Der Konzertabend ist jetzt auf einer Doppel-CD dokumentiert.

Ihre ersten Erfolge hatte die 1941 als Esther Zaied geborene Sängerin mit Ehemann Abi in einem kleinen Club in Haifa auf, 1961 spielten sie ihre erste Schallplatte mit alten jüdischen Liedern ein - bereits unter dem Künstlernamen Ofarim, der Gazelle bedeutet. Im Laufe der nächsten Jahre erweiterte das Duo sein Repertoire um deutsche, amerikanische und französische Folklore-Songs, schrieb auch eigene Stücke mit Hitqualität. Weltweite Tourneen und noch mehr Auszeichnungen, so ein zweiter Platz beim Grand Prix d'Eurovision 1963, folgten. In der Bundesrepublik heimsten sie - nicht nur für Noch einen Tanz - goldene Schallplatten ein. Und die Bee Gees schrieben ihnen zwei Hits auf den Leib: Morning of my life und Garden of my home; ihr Duett Cinderella Rockafella eroberte die Charts weltweit.

Nach der Trennung von Abi 1969 machte Esther Ofarim als Solistin weiter, konnte aber ihre vorherige Popularität kaum halten. 1984 war sie am Hamburger Schauspielhaus in Peter Zadeks Musical-Inszenierung Ghetto, zu hören, vor sechs Jahren bei einer Aids-Gala in Berlin und jetzt in den Kammerspielen in Hamburg, wo die Künstlerin seit zehn Jahren lebt.

Schwerpunkt des Programms ist eine Reihe alter und neuer jüdischer Lieder, Lieder voller Sehnsucht, voller Sehnen nach Heimat und Bleibe, Zuflucht und Liebe - gesungen mit Sanftmut wie mit Strenge - Themen, die dem Hörer auch ohne Kenntnis der hebräischen Sprache offenbar werden. Dazu kommen Liebeslieder und Wiegenlieder voller Zärtlichkeit. Eine Art "Soul"-Musik völlig un-afroamerikanischer Prägung. Und die klare, helle, kraftvolle Stimme der mittlerweile 57jährigen ist voller Poesie, ohne jede Schwäche, variabler und intensiver noch als zu ihren Hit-Zeiten. Die Instrumentierung ist kammermusikalisch-intim, zurückhaltend: stützende Klaviertupfer, ein wenig Cello, eine leise flirrende Flöte, leise Gitarrenzupfer, manchmal so zerbrechlich wie die zierliche Sängerin erscheinen mag.

Dazwischen gestreut einige Perlen der Pop(ular)-Musik: Trauernd der Beatles-Song She's leaving home vom legendären Sgt.-Pepper's-Album; Leonard Cohens Bird on a wire über die Unwägbarkeiten des Lebens. God bless the child steht dem Billie-Holiday-Original an Intensität in nichts nach. Ein Moon of Alabama, der in seiner druckvollen Weise auch dem Autorenteam Brecht/Weill Freude gemacht hätte. Eine freche Variante von Noel Cowards Mad about the boy mit gebotener Schrägheit. Bei dieser wunderschönen Kombination und den einmaligen Interpretationen bleibt nur zu wünschen, daß sich Esther Ofarim wieder vermehrt auch auf der Bühne zeigt. RAINER LANGHOLZ

Esther Ofarim Doppel-CD, erhältlich über Black Hole Records Israel, Tel./Fax 00972-3-5282521.

 

Kieler Nachrichten vom: 12.03.99 
taken from http://www.kn-online.de/htm/dauer/freizeit/buchseite/990312/c-esther_ofarim.htm

www.esther-ofarim.de