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Die Faszination der Intensität  (Leonberger Kreiszeitung, 11. April 2005)

LEONBERG - Einen eindrucksvollen Abend mit alten und neuen Liedern in gereifter Interpretation gab die aus Israel stammende Sängerin Esther Ofarim am Samstagabend in der fast ausverkauften Leonberger Stadthalle.

Von Rainer Enke

Große Welterfolge feierte Ofarim in den sechziger und siebziger Jahren. Danach wurde es still um die seit langem in Hamburg lebende 64-jährige Künstlerin. Seit einigen Jahren gibt sie wieder Konzerte und wird, wie auch in Leonberg, vom Publikum begeistert gefeiert. Sie ist zierlich auf der Bühne in ihrem Kostüm und den feuerroten Haaren, wirkt aber groß durch Haltung und Ausstrahlung, die das Publikum sofort gefangen nimmt.

Das abwechslungsreiche und gut aufeinander abgestimmte Programm, das sie mit Regisseur und Autor Horst Königstein zusammengestellt hat, begleitet von den professionellen Musikern Yoni Rechter (Piano), Michael Paweletz (Geige) und dem Kontrabassisten Albert Sommer, ist eine persönliche musikalische Zeitreise durch mehr als 40 Jahre auf der Bühne.

Ruhig verhalten beginnt sie ihr Programm mit zwei englischen Balladen zur Klavierbegleitung mit nachdenklichemTimbre und reifer Stimme. Mit sparsamer Gestik setzt sie kleine optische Akzente bei einem sehnsuchtsvollen französischen Liebeslied, durch das sie Geiger Michael Paweletz passagenweise unaufdringlich wie im Duett begleitet. Und in den folgenden Songs wird zunehmend klar, was Esther Ofarims Faszination ausmacht: Ihre modulationsstarke und variantenreiche Stimme, die allen Stücken gerecht wird. Sie vermag durchgängig kleine fröhliche Lieder in hohen Tonlagen zu singen, melancholische, traurige mit tiefem Timbre oder beides in einem Song zu kombinieren. Sie singt leise-diszipliniert und kann im nächsten Moment intensive Dynamik und Kraft entwickeln. Esther Ofarim erzählt ihre Lieder nicht nur in Texten, sie beschreibt sie auch mit der Stimme.

Einige hebräische Songs hat Pianist Yoni Rechter geschrieben, die Ofarim zusammen mit ihm lebhaft-energisch im Duett singt. Der spezielle melodiöse Duktus dieser mal fröhlichen, mal sehr traurigen Lieder in der fremden Sprache wirkt faszinierend. Sie vermitteln Gefühle, die verstanden werden. Eindrucksvoll interpretiert sind Kurt-Weill-Lieder und der amerikanische Standard "Somewhere over the Rainbow'' erzeugt bei Ofarims stimmlicher und sinnlicher Intensität Gänsehaut. Emotionsgeladen erscheint "Bird on the Wire'' mit Ofarims vielen stimmlichen Nuancen eine neue Identität zu bekommen. Und ihr größter Hit, "Morning of my Life'', bildet in dieser abgeklärten Interpretation einen der Höhepunkte des Abends. Und noch etwas ist beeindruckend: Das ganze eineinhalbstündige Programm bestreitet die Sängerin ohne Pause in präsenter Frische.
taken from leonberger-kreiszeitung.de

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www.esther-ofarim.de