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Sehnsucht, Trauer und Melancholie

NICOLE RÖNDIGS

 

Gefeierter Liederabend in Moll: Esther Ofarim sang im ausverkauften St.

Pauli-Theater

 

"Ofarim" ist hebräisch und bedeutet "Gazelle". Das schöne, scheue Lebewesen

hatte sich am vergangenen Wochenende auf die Reeperbahn begeben und im St.

Pauli-Theater ein geradezu applauswütiges Publikum entzückt. Auch wenn das

mit dem Weltruhm schon lange her ist: In Hamburg ist Esther Ofarim immer

noch ein Star. Das St. Pauli-Theater platzte angesichts des Andrangs, das

bloße Erblicken der 62-jährigen Sängerin führte zu Begeisterung wie nach

einem Dreistunden-Konzert. Dabei war der Liederabend so kurz wie schlicht:

sechzig Minuten Violine, Piano, Bass und Gesang. Um einen Saal voller

Menschen glücklich zu machen, reichte das völlig aus. Das Publikum war erst

nach der fünften Zugaben zu beruhigen - durch Lichtausknipsen.

 

Esther Ofarims dominierende Tonart ist Moll. Draußen auf dem Kiez dämmerte

es, drinnen sang die gebürtige Israelin traurige hebräische Lieder,

dazwischen Songs von den Beatles, Leonard Cohen und Kurt Weill. Gleich mit

"Every Night" webte Esther Ofarim einen Mantel aus wohliger Melancholie. Es

folgten Sehnsuchtslieder wie Weills "September Song". "Dirty Old Town" klang

nicht bitter, sondern wehmütig. "Over The Rainbow" schrammte die

Kitschgrenze. Egal: Man rutschte gern noch ein wenig tiefer in diese

Sentimentalität und ergab sich dem Zauber von Esther Ofarims zartem, klaren

Organ.

 

Ganz am Schluss blitzte noch eine andere Facette auf. Beim letzten Stück,

Noel Cowards "Mad About The Boy", wurde die Chanteuse witzig, sogar kokett.

Steht ihr hinreißend, fand das begeistert klatschende Publikum. Die Gazelle

hat auch komisches Talent.

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www.esther-ofarim.de