Concert review by Robert van Leeuwen - (German translation by Conny Drees):

Deutsche Übersetzung:

Esther Ofarim im St. Pauli Theater, 27 und 28. Dezember 2003

Mit ihren Konzerten in den Hamburger Kammerspielen hat Esther über all die Jahre hinweg sich ein immer größer werdendes Publikum aufgebaut; darüber hinaus gleicht es schon fast einem Kult.
Dieses Jahr gab sie ihre traditionellen Jahresausklangs-Konzerte zum ersten Mal im St. Pauli Theater. Es ist ein größerer Konzertsaal als in den Kammerspielen, voll besetzt mit dem sie verehrenden Hamburger Publikum.
Eine andere Veränderung: Die Konzerte fanden am späten Nachmittag statt.

Esther, mit einem einfachen grün-grauen Zweiteiler bekleidet, eröffnete überraschender Weise das Konzert mit "Every Night when the sun goes in".
Nur begleitet von Yoni Rechter am Klavier, präsentierte sie eine sehr delikate Interpretation des klassischen amerikanischen Blues Songs. 
Danach folgte eine andere traditionelle (scottische) Ballade, "Dirty old town", mit Michail Paweletz auf der Violine. Die Melodie und der Text von diesem Lied sind so stark, es nimmt einen jedes Mal erneut gefangen.
Als nächstes: Ein schönes französisches Gedicht über Verzweiflung mit 
unglaublich wunderschöner Musik, "Pavane".
Dann griff Esther zurück zu dem Lied, welches sie als erstes in ihrem Leben gelernt hatte: "Layla Layla". Wahrscheinlich ist dies der Song, welchen sie am öftesten in ihrer Gesangskarriere bisher gesungen hat. Daran kann man sich einfach nicht satt hören. Mit der Hilfe des Bassisten, Albert Sommer, gelang es Esther dieses Lied zu einem der Highlights des Konzertes zu machen.
Als nächstes: Ein persönliches Lieblingslied von mir: "Besade Patuach". Dieses Lied passt zu Esther wie die Faust auf's Auge: Es erscheint dem Hörer, als wären all die Tonlagensprünge einfach zu bewältigen, welches natürlich alles andere als leicht ist. Dies ist aber Esthers natürliche Art, dem Zuschauer so flüssig und einfach ihr Können zu präsentieren.

Dann folgte der erste von drei Kurt Weill Songs (aus seiner amerikanischen Zeit), "September Song". Esthers Ausdrucksweise - sie singt sogar die Konsonanten in der wahren Sinatra Tradition - bringt einen wirklich dazu, auf den Text zu hören.
Sie erzählt eine ironische Geschichte mit einem Zwinkern im Auge, 
garniert mit einer schönen Melodie.
Ein anderes kleines Theaterstück in einer vergleichbaren Ader ist "She's leaving home".
Nach all diesen hohen Nuancen ist "Shir eres" ein leiserer Ton. Dieses Lied bringt mich ebenfalls stets aus der Fassung. Solch eine schiere Schönheit und Zartheit, clever zusammengefügt mit "Dodo l'enfant do".
Esthers letztes Lied vor der kurzen Pause, war das umwerfende "In Germany before the war", eins von Randy Newman nicht autobiographischen Kompositionen.
Darauf folgte das traditionelle instrumentale Intermezzo, bei dem besonders Michail sein hohes Talent als Violonist präsentierte. Als nächstes kam ein hebräisches Liebeslied (unbenannt), gesungen von Yoni, der sich selbst am Klavier begleitete und damit bewies, dass er auch durch seinen eigenen Verdienst ein wahrer Künstler ist.

Esther kehrte daraufhin zurück mit dem Harold Arlen / Yip Harburg Stück "Somewhere over the rainbow". Zuerst mag man denken, dass das Lied nur mit Judy Garland identifizierbar sei und kein anderer es anrühren sollte, aber das war, bevor man Esthers Version hörte. Sie trug mich über den Regenbogen für ein paar Minuten und das ging direkt in mein Herz.
Danach wechselte sie mit "Speak low", dem zweiten Weill Song, in eine jazzigere Stimmung. Als nächstes folgte die dritte Komposition von Yoni, das zärtliche und bezaubernde "Ten li yad". Ich wünschte mir, dass sie endlich dieses Lied auf CD aufnehmen würde, 
so bekäme es die richtige Anerkennung.
Dann sang sie das dritte Kurt Weill Lied "Moon of Alabama", welches heutzutage viel gereifter und geniehafter klingt als ihre Originalaufnahme von 1969.
Ein weiteres Lied, welches sich von ihrer Erstaufnahme abgesondert hat, ist "Me emek (Stu Adarim)". Gesungen in einem großartigen Takt mit einem wundervollen rythmischen Hintergrund.
Mit Noel Cowards "Mad about the boy", welches in einem Tango-Arrangement präsentiert wurde, das die Ironie des Songs noch verstärkte, endete der offizielle Teil des Konzerts. 

Normalerweise macht das Publikum Esther es schwer, die Bühne zu verlassen, aber dieses mal, wollte man Esther einfach nicht gehen lassen!
Die erste der Zugaben war eine wunderbare, leise, meditative Version 
von Leonard Cohens "Bird on the wire".
Jetzt in dieser Atmosphäre hätte man eine Stecknadel fallen hören können. 
Es folgte danach eine Erinnerung an die 60s mit "Morning of my life", welches bezogen auf die Zuhörer nicht so richtig in den Zusammenhang der bisherigen Lieder des Konzertes passen wollte.
Der absolute Höhepunkt für mich war "Taste of honey". Mit dem Bobby Scott Arrangement, welches extra für sie geschrieben wurde, traf sie mich mitten ins Herz.
Konnte meine Augen nicht trocken halten. 
Allein wegen diesem Lied war es es wert, die Reise nach Hamburg anzutreten.
"Gruss" in hebräisch und deutsch gesungen, sollte die allerletzte Zugabe sein und immer noch wollte das Publikum sie nicht gehen lassen. So wiederholte sie "Mad about the boy".

Am zweiten Konzertabend schloss sie ab mit "Guten Abend, gut' Nacht" (scherzte, dass es noch etwas früh dafür sei) und mit "Taste of honey", darauf folgte noch "Me Emek".
Esther verfügte über großartige Stimme und Elan an beiden Abenden. Sie hat überaus große Kontrolle über ihre Stimme in allen Registern, ebenso bei lauten Nuancen, wie im leisen zarten Singen, welches sie unvergleichbar macht.
Vielen Dank auch an Yoni, Michail und Albert für ihre wundervollen Darbietungen.


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