Zeitlose Anmut
Liederabend. Ester Oarim bot in der Semperopper wegen Unpässlichkeit
einen kurzen, aber sehr überzeugenden Abend.
Karsten Blüthgen
Mit der Zeit folgten ihre Lieder immer gedrängter ohne füllende Zwischenreden,
fast pausenlos. Man kennt die eher kurzen Auftritte, in denen sich Ester Ofairm
seit ihrem Deutschland-Comeback vor einigen Jahren zeigt. Viel sagen wollte die
israelische Sängerin auch in der Reihe "Jazz in der Semperoper", aber
ihr Organ spielte am Dienstag nicht gut mit.
Nach einer farbigen Stunde verschwand sie mit ihrer Akustik-Band aus Geiger,
Pianist und Bassist hinter dem Vorhang. Für einen Gruß - "Leise zieht
durch mein Gmeüt" - kehrte sie noch einmal zuurck , was nicht reichte, um
dem Publikum klar zu machen, dass ihre unpässliche Stimme für Feierabend
plädierte. Erst machdem sie, mühsam aber herzlich, "guten Abend, gut'
Nacht" auf deutsch, englisch und hebräisch gewünscht hatte, hielt König
Kunde sein Eintrittsgeld für gut angelegt.
Anderrererseits ist die Faszination, die das knapp halb gefüllte Haus ergriff,
verständlich. Ungern wollte man Ester Ofarim ziehen lassen. Die 60er Jahre und
ihre Folgen, als sie an der Seite ihres Gatten Abi zum Idol zwischen Flower
Power aufstieg, hat sie längst überwunden.
Ihr eher etwas schüchternes Auftreten, ihre zarte, zeitlose Anmut machten
glaubhat, was sie schon immer singen wollte: das Hirtenlied aus Galiläa und die
schottische Ballade "Waly Waly" mit großer Innigkeit; schwelgend
"Somewhere over the rainbow", augenzwinkernd "She's leaving
Home", raunend den "Alabama Song". Ein Kosmos, den man so
gesungen lieber außergwöhnlich denn beliebig nennen möchte.
Sächsische Zeitung, April 7, 2005
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