<---back to the concert / zurück zum Konzert in Stuttgart

Stuttgarter Nachrichten, 30.10.2007

Esther Ofarim war zu Gast im Theaterhaus
Respekt vor der Sprache

Bei Google wäre sie unter der Kategorie Schlagersängerin zu finden. Aber bei einem von bundesweit neun Comeback-Konzerten im nahezu ausverkauften Theaterhaus entpuppt sich Esther Ofarim, 1984 in Peter Zadeks "Ghetto"-Inszenierung noch Schauspielerin, als Liedinterpretin von Format.
Das liegt nicht nur am Repertoire, einem geschmackssicheren Mix aus Chanson, Folk, Jazz und Pop, darunter neben auffallend vielen Stücken von Kurt Weill ("Alabama Song",  "September Song", "Speak Low") auch Hits von Esther & Abi Ofarim, dem international erfolgreichen Duo mit US-Charts- und Grand-Prix-d'Eurovision-Meriten ("Morning of my life"). 
Das damals von Abi Ofarim mit der Folkgitarre eher spartanisch gezupfte "Dirty old town" erklingt hier als Piano-Ballade mit Ofarims langjährigem Arrangeur Yoni Rechter am Klavier, bis Geiger Michail Paweletz und Kontrabassist Albert Sommer hinzustoßen, etwa für eine prächtige Version von Randy Newmans "In Germany before the war". 
Und siehe da: Der Horror des Stückes über Kindstötung bleibt auch in der Fassung Ofarims erhalten, obwohl die schön modulierende Stimme der fragil-graziösen Chanson-Diva mit feuerrotem Haar im Gegensatz zum spartanischen Sprechgesang Newmans steht. Dies verdankt sich zunächst einem spürbaren Respekt gegenüber der Sprache des Songs, die in dem reduzierten Arrangement das Hauptgewicht behält. Hinzu kommt Ofarims ausdrucksstarke Stimme, die auch diese in ihren Wechseln von Dur auf Moll so bedrohlich wirkende Melodie trägt, ohne sie aufzudonnern oder zu verkitschen.
Eine interpretatorische Reife, die auch "She's leaving home" der Beatles oder
Leonard Cohens "Bird on the wire" eine inviduelle Färbung verleih, ebenso wie jiddischen Folksongs oder Rechters Kompositionen mit moderner Chanson-Note. Und dass die Ofarim mal eine gefeierte Schauspielerin war (darunter 1960 in Otto Premingers "Exodus"), stört hier nicht, im Gegenteil zu manch anderem Chanson-Kollegen. Ihre Ausdrucksstärke verdankt sich allein sparsamen Gesten, die sich auf einen knappen Wirkungsradius vor dem Mikrofon beschränkt, sowie einer stark emotional gefärbten und doch stets beherrschten Ausnahmestimme.
Michael Riedinger, Stuttgarter Nachrichten, 30.10.07

<---back to the concert / zurück zum Konzert in Stuttgart

www.esther-ofarim.de