Mit
Esther im Schnee...
Draußen vom Schnee erfroren, empfängt uns drinnen Esther mit ihrer
warmen Stimme,
umrahmt vom tosenden Applaus des Publikums.
Die ersten Klänge von "Every night" mit Yoni Rechter am
Klavier ertönen und alsbald schreitet Esther Ofarim vors Mikrofon und
beginnt mit ihrer bezaubernden Stimme uns in ein warmes Tusch
einzuhüllen.
Sie trägt ein grau-grünes Samtoberteil und eine weite schwarze
Stoffhose dazu. Ihr funkelnder Ring und ihre dazu passenden Ohrringe
blitzen den ganzen Abend geheimnisvoll an ihrem Körper auf.
Nach "Every night" spricht sie im freundlichen Ton: "Ich
freue mich heute hier zu sein, lange nicht mehr soviel Schnee gehabt in
Deutschland!" und das Publikum lacht zustimmend.
Danach trägt sie das alltime Evergreen "Dirty old town" vor
und erntet damit anerkennenden Beifall.
Pavane, das einzige französische Lied an diesem Abend, bringt sie
besonders gefühlsvoll hervor. Das Publikum wiegt sich schwingend im
Takt mit.
Als wenig später Yoni Rechter die berühmten Anfangsklänge von
"Layla Layla" am Klavier anspielt, können wir uns nicht mehr
zurückhalten und bedanken uns mit einem ohrenbetäubenden
Zwischenapplaus.
So ist es fast schwer für Esther mit ihrem Gesang die lautstarke
Begeisterung des Publikums zu durchbrechen, um endlich ihren
hebräischen Klassiker, welcher für sie das aller erste Lied gewesen
ist, das sie jemals gelernt und gesungen hatte, uns nun endlich wieder
darbieten zu dürfen.
Da ist es nur selbstverständlich, dass sie auch nach diesem Lied wieder
tosenden Beifall erntet.
Daraufhin sagt sie ein weiteres hebräisches Lied an mit den
Worten:
"Von Yoni Rechter, eins der schönsten Lieder, die ich kenne,
Besade Patuach!"
Dieses präsentiert sie sehr gefühlsvoll und man kann an ihren Gesten
und an ihrer sehr positiven Mimik erkennen, dass ihr diese
wunderschöne Ballade wirklich sehr am Herzen liegt.
Von diesen eher modernen Klängen von Yoni Rechter geht sie über zu dem
ersten Kurt Weill Stück an diesem Abend: "September Song". In
gewohnt hervorragender Jazz-Manier überzeugt sie uns, dass es ganz
einfach zu sein scheint, sich jetzt plötzlich im Herbst des Lebens
wieder finden zulassen.
Nach diesem eher melancholisch angehauchten Titel begleiten wir sie auf
ihrer Reise zu den Beatles: zusammen mit Yoni Rechter trägt sie ein
fantastisches "She's leaving home" vor.
Obwohl es eigentlich noch früh am Abend ist, verzaubert uns Esther
danach mit einem wunderbaren hebräischen Wiegenlied, "Shir
eres" und dem damit verbundenen französischen "Do do".
Allerdings schlafen wir davon keinesfalls ein, sondern lauschen gespannt
den ersten dramatischen Klängen von Randy Newmans "In Germany
before the war".
Esther setzt ihr theatralisches Talent hier besonders ein, indem sie mit
sehr betroffenem und ernstem Gesicht diese kritische Ballade besonders
gekonnt interpretiert.
Auch Yoni Rechters Klavier, Alfred Sommers Bass und Michail Paweletzs
Violine bedeuten uns, dass es bei diesem Song wirklich um ein ernst zu
nehmendes Thema geht.
Nachdem Esther das Lied vollendet hat, verlässt sie die Bühne und
Klavier, Violine und Bass läuten mit einem furiosen
orientalisch-jazzigen Instrumentalstück die Pause ein.
Wie man daraufhin von Yoni Rechters englischer Ansage entnehmen kann,
handelt es sich hierbei um "Midnight Dream", aber nicht von
Shakespeare, wie er schmunzelnd hinzufügt.
Nachdem er
kurz die beiden Musiker am Bass und der Violine vorgestellt hat, spielt
er abermals mit dem Humor seiner Zuhörer: "Now I introduce you a
very brave man, who can sing on the same stage as Esther Ofarim!"
("Nun kündige ich Ihnen einen sehr stolzen Mann an, welcher auf
der selben Bühne wie Esther Ofarim singen darf!")
Ein moderner hebräischer "Love Song" aus seiner eigenen Feder
folgt daraufhin.
Dies führt schließlich das langersehnte Ende der Pause herbei.
Mit einem lieblich-reizenden "Over the Rainbow" zaubert Esther
mit einem Mal enthusiastische Frühlingsgefühle in den Saal und ein
zufriedenes Lächeln breitet
sich au den Gesichtern des Publikums aus.
Daraufhin wandelt sie erneut au den Spuren Kurt Weills, indem sie das
wunderbare "Speak low" auf ihren Lippen trägt, mit dem sie ja
bereits 1965 große Erfolge feiern konnte.
Bis heute ist nichts von ihrem einmaligen Timbre in ihrer Stimme von
diesem Lied verloren gegangen.
Mal haucht sie leise zarte Töne ins Mikrofon, dann gibt sie wieder
gefühlsstarke Emotionen frei.
Als nächstes kündigt Esther das folgende hebräische Lied an:
"Ten li yad - gib mir ein Hand.... einen Hand!"
Dabei grinst sie verlegen, das Publikum schmunzelt, einige lachen
gerührt.
Diese wunderschöne Ballade von Yoni Rechter eröffnet in uns das
Gefühl, als wenn Esther uns selbst mit ihrer bezaubernden Stimme eine
Hand zu reichen scheint.
Das für diesen Abend letzte Kurt Weill Lied folgt: "Moon of
Alabama".
Bombastische Klavier-, Violine-, und Bass-Klänge bilden den Rahmen um
Esthers kräftigen Gesangskünsten bei diesem mächtigen Werk.
Wenig später ertönen bereits die ersten typischen Klavier-Klänge von
"Stu Adarim (Me emek)"
und das Publik verliert sich in tosendem Applaus.
Das flotte, rhythmische hebräische Schäferlied, das sie schon lange
auf ihren Weg begleitet, lässt uns alle im Takt mit schwingen.
Danach haucht sie ein wunderbares "Taste of Honey" ins
Mikrofon, welches keinesfalls das besondere Flair verloren hat, das
Esther Ofarim schon Mitte der 60er mit in das Lied
eingebracht hatte.
Nach "Bird on the wire", dem metaphorischen Song von Leonard
Cohen, erntet sie riesigen Beifall, anerkennendes Pfeifen, begeisterte
Zurufe.
Es ist eben jedes Mal einfach einmalig, wie sie das Lied interpretiert.
Wieder auf schnellerem Rhythmus bewegt sich Esther bei Noel Cowards
Tango "Mad about the boy", das sie in Stimme und Gestik sehr
theatralisch hervorbringt und uns damit einfach
vor Begeisterung mitreißt.
Nach dem letzten Ton tritt sie abrupt von der Bühne ab, doch der
Beifall will nicht enden.
Wir klatschen, rufen und pfeifen, wir wollen Zugaben.
Neben mir fragt eine Dame: "Schon zu Ende? - Aber es fehlt doch
noch Morning of my life!"
Es scheint, als hätte Esther unser Flehen erhört,
sie erscheint erneut und stimmt die ersten Töne von dem berühmten
Ofarim-Klassiker an.
Ist ihre Stimme heute doch ausgereifter, klingt dieses wunderschöne
Lied zusammen mit Yoni Rechters zweiter Stimme dennoch fast noch
schöner als vor fast 40 Jahren.
Weil wir sie danach immer noch nicht gehen lassen wollen, was wir mit
tosendem Beifall beweisen,
schenkt sie uns noch ein herzallerliebstes "Shir Aviv /
Gruss",
die Mendelssohn-Melodie auf
hebräisch und deutsch.
Jetzt, als ob plötzlich die dreifache Menge an Zuhörern anwesend
wäre, kann Esther ein riesiges Beifall-Getöse vernehmen. Es wird
getrampelt, gepfiffen, gerufen, ja, es wird sogar aufgestanden.
Standing Ovations für Esther Ofarim!
Dass sie darüber überglücklich ist, kann man nur unschwer erkennen:
strahlend und sich abermals bedankend und verbeugend kommt sie erneut
auf die Bühne und Yoni spielt die ersten Klänge von "Guten Abend,
gut' Nacht" an. Natürlich, haben wir alle erkannt, was es uns da
läutet.
Wir lachen auf und Esther sagt: "Das ist auch mal ganz
schön!" und wir lachen wieder.
Dann singt sie. Erst auf deutsch, hebräisch und dann auf englisch.
Gerne hätten wir noch ein weiteres Lied aus ihrem scheinbar schier
unerschöpflichen Repertoire gehört, doch unmissverständlich tritt sie
während unseres immer stärker werdenden Beifalls
erneut auf die Bühne, bedankt sich wieder und spricht:
"Kommen Sie gut nach hause und fahren Sie vorsichtig!"
Wir sind gut nach hause gekommen und warten schon jetzt sehnsüchtig auf
ihr nächstes Konzert.
Songs:
1. Every night
2. Dirty old town
3. Pavane
4. Layla layla
5. Besade Patuach
6. September Song
7. She's leaving home
8. Shir eres / Do Do
9. In Germany before the war
Pause:
1. Midnight Dream (instrumental - Yoni Rechter, Michail Paweletz, Alfred
Sommer)
2. Love song (Yoni Rechter: voice & piano)
10. Somewhere over the rainbow
11. Speak Low
12. Ten li yad
13. Moon of Alabama
14. Stu Adarim (Me emek)
15. Taste of honey
16. Bird on a wire
17. Mad about the boy
Zugaben / Encores:
1. Morning of my life
2. Shir aviv / Gruss
3. Guten Abend / Layla Tov / Lullaby and goodnight
----------------------------------------------------------------------
Conny
Drees, March 1,
2004
also see
Ulrich
Menzel's personal review in English
|