Esther Ofarim Lieder aus der Fremde als Stempel im Reisepass |
Die israelische Sängerin gastiert am Sonntag beim Dessauer Kurt-Weill-Fest |
Dessau/MZ. Eigentlich müsste man das Konzert am Sonntag im Anhaltischen Theater als spätes Debüt ankündigen, ihre zahlreichen Fans aber werden es wohl eher als ersehntes Comeback feiern: Obwohl Esther Ofarim im Anhaltischen Theater Dessau ihr erstes Gastspiel in Ostdeutschland gibt, zählt der Auftritt ganz selbstverständlich zu den ausverkauften Terminen des Kurt-Weill-Festes. Das konnten auch jene Polit-Bürokraten nicht verhindern, die Esther und Abi Ofarim seit Mitte der 60er Jahre jede Einreise in den Ostblock mit Blick in ihre israelischen Pässe verweigerten - obwohl das Paar nach einem zweiten Platz beim Grand Prix d'Eurovision und mit Titeln wie "Cinderella Rockefella" auf dem Gipfel seines internationalen Erfolges stand. Auch später, als sich die Partner auf der Bühne und im Leben getrennt hatten, blieb Esther Ofarims Staatsangehörigkeit hierzulande ein Hindernis - und ihre Kunst folglich unerwünscht. Dass nun ausgerechnet das Weill-Fest ein würdiges Forum für die längst überfällige Begegnung mit einem Publikum bietet, dass sich seinen guten Geschmack von keiner Obrigkeit verordnen ließ, freut die Sängerin besonders. Immerhin wird sie in Dessau etliche Lieder jenes Komponisten präsentieren, dessen Werk sie bereits in den 60er Jahren bei Plattenaufnahmen begegnete. "Speak Low" oder "It never was anywhere you" gelten ihr als Parade-Beispiele für den amerikanischen Weill, dessen Desinteresse an den Schubläden von E- und U-Musik Esther Ofarim teilt. Deshalb hat sie sich - nach ihrer Welt-Karriere im Pop-Geschäft - in den 80er Jahren auf neue Wege begeben und Alben wie "Complicated Ladies" eingespielt. Deshalb hat sie in Peter Zadeks Inszenierung des Musicals "Ghetto" mitgewirkt. Und deshalb unterbricht sie ihre Bühnen-Abstinenz "auf meine Art, hier und da" für umjubelte Konzerte in der Alten Oper Frankfurt oder in den Hamburger Kammerspielen. Im kühlen Norden hat sie seit Jahren auch ihren Wohnsitz gefunden. Auf eine Heimat aber will sie sich nicht festlegen lassen. "Wissen Sie", sagt Esther Ofarim am Telefon, "eigentlich fühle ich mich überall fremd. Sogar in meiner eigenen Haut." Das ist ein Satz, der aus einem Lied von Kurt Weill stammen könnte - zumal, wenn er von einer so schönen Stimme gesagt wird. Dass heute allerdings auch der Song "Here I stay" auf dem Programm steht, klingt nach einer positiven Pointe. Denn wenn man - wie Weill - nur in seiner Musik wirklich zuhause ist, kann man dieses Gefühl an jeden Ort mitnehmen. Vor allem, wenn man dort sehnsüchtig erwartet wird. taken from www.mz-web.de |